Montag, 14. November 2011

die heilige insel




himmel über patmos



die hexe hat mittlerweilen das weite, beziehungsweise andere rücken gesucht und gefunden, wie ich bei meinen begegnungen festgestellt habe. ich meinerseits habe den sprung ins meer mehrere male vollzogen und genossen - aber damit ist im moment schluss. seit sonntag haben wir dauerregen und empfindliche kälte - was will man da anderes tun, wie unter die bettdecke kriechen, tee trinken, geschichten lesen und welche erfinden. oder man geht ins warm geheizte kunst-kaffee, setzt sich an einen tisch mit deutschsprachigen frauen die schon lange hier leben, schlemmt heisse schokolade mit sahnehäubchen, dazu selbstgebackenen apfelstrudel mit vanillesauce und lauscht... wer geschichten liebt, kommt nach griechenland. hier gibt es sie: unglaubwürdige, fantastische, wahre und selbst erlebte.





kostbares strandgut




eine wahre zum beispiel, ist die des johannes des evangelisten, der hier in einer höhle die apokalypse geschrieben hat. seinetwegen ist patmos eine der sieben wichtigsten pilgerstätten europas und einer der wichtigsten orte in der griechisch-orthodoxen kirche überhaupt. kann man im internet nachlesen... seinetwegen wird patmos auch von unzähligen kreuzfahrtschiffen angefahren, diesen überdimensionierten dingern, auch "crèmeschnitten" genannt wie mir ein kenner verriet, die kaum in den hafen passen und jede vorstellung von schiff in meinem kopf platzen lassen. und ihr schiffshorn erst, das sie bei der ausfahrt ertönen lassen, sozusagen als pompöser abschiedsgruss... das erste mal als sie zu hornen begannen, sass ich in meinem studio, einige gehminuten vom hafen entfernt, gemütlich, 21 uhr... es dröhnte durch die stadt, über die ganze insel, in mein zimmer hinein - und liess decke und wände bersten... seither bin ich immer sehr erleichtert, wenn sie wieder fort sind und freue mich darauf, wenn sie das letzte mal für die saison hier waren.





"crèmeschnitte"




nach patmos bin ich durch robert lax gekommen. das erste mal genau vor einem jahr. lax war ein amerikanischer dichter, der hier als eremit gelebt hat und vor 11 jahren gestorben ist. er ist, wie sich herausstellte, in der breiten masse und auch bei belesenen leuten wenig bekannt. selbst auf patmos kennen ihn nicht alle. und wie bin ich auf lax gekommen? ja, das ist eine fantastische, wahre und dazu noch mystische geschichte, die sich allerdings am besten bei einem glas ouzo oder einem elleniko, einem griechischen kaffee erzählen lässt.
wie dem auch sei, dass es mit der insel etwas besonderes auf sich hat, war mir klar, dass sie heilig ist, habe ich erfahren als ich das erste mal auf ihr ging. mit johannes hat das wenig zu tun. ich denke viel mehr, dass er hier gelandet ist WEIL. es hat mit der schwingung zu tun, mit diesem duft in der luft, mit dem stein, dem staub und mit dem, wie es einem hier ergeht... vor einem jahr nämlich, um nur eine begebenheit von damals zu erwähnen, hat mich der gesang eines vogels am letzten abend meines aufenthalts derart verzaubert - noch nie zuvor hatte ich etwas so schönes gehört - dass ich mit einem süssen schmerz im herzen abreiste und mich über das ganze jahr hindurch immer wieder an diesen gesang erinnerte. ich wollte ihn noch einmal hören und darum bin ich jetzt hier.

den vogel habe ich noch nicht wiedergehört, dafür hatte ich eine andere begegnung. vor ein paar tagen also traf ich meine schöne eselin. ich hatte sie noch nie zuvor gesehen, meinte ich, aber sie kam so zielstrebig und vertraut auf mich zu, als kennen wir uns schon seit vielen leben und hielt mir zärtlichst ihren kopf hin. das war sehr berührend. die sache mit den tieren in griechenland ist ja schon sehr bemerkenswert, von wegen hexen, zauber und heilig... man denke zum beispiel an zeus's verwandlungskünste im grossen stil... da ist alexandros. ein charmanter älterer vierbeiner, hund, flauschig schwarz-weiss und gepflegt. die einheimischen lieben ihn, gehören tut er nur sich selbst und verstehen tut er alles. maria erzählte mir von seinen besuchen bei der coiffeuse, gleich neben ihrem schmuckladen. davon, wie er gerne zwischen den frisch parfümierten damen sitzt. natürlich bekommt er dort auch immer ein häppchen. gestern traf ich ihn zum ersten mal. einen blick in die augen, einmal schnupper-schnupper um meine beine seinerseits, dann rückenlage, bauch und hals freigelegt: bitte streicheln und nicht mehr aufhören... ich fühlte mich geschmeichelt.
von der gleichen gattung sei hierbei gerade noch apollo erwähnt, hellbraun und kleingewachsen, der mit immer der gleichen fähre von patmos nach rhodos und wieder zurück seine ausflüge macht, alleine wohlverstanden... diese geschichte wurde mir von verschiedenen leuten erzählt.
und dann ist da noch der dicke schwarze, mehr breit wie lang, wie ein brett sagen sie, hässlich wie nichts anderes, mit der schnauze einer maus und von den touristen geliebt und verehrt... aber ihn habe ich noch nicht begegnet. 
natürlich kennt man auch die andere sorte hunde: zähnefletschend, knurrend, bellend, mit böse funkelnden augen. die einem aus dem hinterhalt anspringen als hätte man gerade das grösste vergehen begangen, die den mofas und autos nachjagen und vor denen keine wade sicher ist.





meine schöne freundin





ja, in griechenland ist man gott und dem göttlichen näher wie anderswo  -  das ist einfach so  -  auch wenn man nicht daran glaubt. mit den hexen verhält es sich ebenso. und drum, wenn es in tiere verzauberte menschen gibt, dann sind sie hier zu finden.






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