Wandern in Wintermontour...
Heuer wird auf Grund von Datenüberschneidungen eine junge Kollegin „meine“ Frühlings-Reise leiten, weshalb ich sie in die Touren einführen sollte. Sie ist halb Griechin, halb Schweizerin, arbeitet wie ich seit vier Jahren bei der gleichen Firma und wohnt sonst in Nafplion, das ist eine schöne Stadt auf dem Peloponnes. Auf eine besondere Art freute ich mich sehr auf die gemeinsamen Tage. Der kykladische Himmel war uns für die Einführung der Wandertouren gerade noch gnädig. Es hat uns zwar fast vom Winde verweht und wir waren eingepackt wie im Winter. Fehlten nur noch die Handschuhe. Aber wir verbrachten durchwegs gute Stunden, wanderten lachend, redend und Geschichten erzählend. Und eine Geschichte, ich hatte sie vergessen und erinnerte mich nur wegen Nafplion daran, ging so:
Vor
dreissig Jahren ungefähr, verbrachte ich drei Monate auf Kreta in einem kleinen
Dorf bei einer damaligen, ehemaligen Arbeitskollegin die nebenher Reiseleiterin
war, allerdings bei einer anderen Firma, wie ich heute arbeite. Ich hütete
damals ihre Tochter während dem sie mit Gästen aus der Schweiz wanderte. Wegen
dieser drei Monate wurde ich noch jahrelang nachher auf meinen „kretischen
Akzent“ angesprochen, was mich mächtig stolz machte. Aber damit ist es leider
vorbei, war ich doch zu lange schon nicht mehr auf Kreta zwecks Auffrischung. Ganz
davon abgesehen, dass ich momentan eher einen Sprachensalat im Hirn habe und schon
ganz glücklich bin, wenn ich fehlerfrei ein paar Sätze aneinanderreihen kann,
egal in welcher Sprache... Und überhaupt waren das drei Nebensätze.
Frühling...
Jedenfalls,
auf meinem Rückweg in die Schweiz wollte ich in Nafplion Halt machen um einen
Freund zu besuchen. Die damalige, ehemalige Arbeitskollegin dessen Tochter ich
hütete, verabschiedete mich mit Grüssen an eine ihrer Reiseleiterkolleginnen,
deren Namen ich schon lange vergessen hatte, Schweizerin, die in Nafplion mit
einem Griechen verheiratet wohnte und die ich ebenfalls besuchen sollte. So
getan. Allerdings erinnere ich mich nur noch an den abenteuerlichen Heimweg in
der Abenddämmerung zu Fuss von dem Haus, das irgendwo in der Nähe der Palamidi
Festung – Wahrzeichen Nafplions – war, zurück in die Stadt auf der überdimensionert
breitesten Strasse Griechenlands. Zum Glück waren wir zu zweit. Natürlich wurden
wir vor wild streunenden „Hunde-Banden“ gewarnt, aber schliesslich war es noch
nicht Nacht und wir waren zuversichtlich, die Stadt ohne Schaden zu erreichen.
Nun, wir erreichten die Stadt ohne Schaden, aber mit zitternden Beinen einem
Kollaps nahe und stürzten uns sofort in eine Eisdiele, um mit Zucker den Schock
zu beruhigen und die Erleichterung zu feiern, dass wir von den 10 uns jagenden
Hunden nicht gefressen worden waren. Meine junge Kollegin hatte bis hier hin
aufmerksam zugehört. Und nun kommt’s: „Bei wem warst du zu Besuch?“, fragte
sie. „Da oben gab es nur ein Haus, und das war und ist unseres, dort wohne ich
mit meiner Familie.“
...noch mehr Frühling.
Drei Schätzelis. Sieht man nicht mehr soooo oft.
Für all
jene, für die diese Geschichte etwas kompliziert erzählt und schwierig
nachzuvollziehen ist: ich war bei der Mutter meiner jungen Kollegin vor 30
Jahren zu Besuch und die Kollegin war damals vielleicht zwei Jahre alt. So. Unglaublich
und wahr. Wenn einem DAS nicht zum Staunen bringt, na, dann weiss ich auch
nicht.
Von meinem
Wohnzimmer in Ermoupolis sah ich direkt auf den Hafen und konnte beobachten
wann welches Schiff mit wem ankam, und wer mit wem wohin abreiste. Nun ja, das
ist ein bisschen übertrieben, aber es hört sich gut an, oder?
Jedenfalls
sah ich, und das ist wahr, täglich die Bluestar die von Piräus nach Syros –
Tinos – Mykonos – und wieder zurück nach Piräus fährt, in den Hafen einfahren
und wieder ablegen. Das heisst, von einem Tag auf den andern kam anstelle der
Bluestar (blau-gelb mit Stern) die, mit fliegenden Delphinen rot-blaue Hellenic
Seaways mit Namen Nissos Mykonos. Auch ein schönes Schiff, einfach anders. Und
ich beobachtete, dass sie ab dem ersten Tag jeden Tag ziemlich und bis zu einer
Stunde verspätet war. So etwas irritiert total. Wenn man auf der Insel wohnt,
gewöhnt man sich an die Schiffe, d.h. sie werden einem sehr persönlich. Es ist
ein bisschen wie eine Liebesbeziehung. Ich erinnere mich an die allerliebste Ithaki,
auch eine Bluestar. Jahrzehntelang fuhr sie hin und zurück. Ich fuhr auch mit
ihr. Dann wurde sie infolge der Krise nach Kanada verkauft. Ein Drama! Auf
ihrem letzten Kurs fuhr sie verschiedene Runden in jedem Hafen, inkl.
Horn-Konzert. In Ermoupolis versammelte sich die ganze Insel im Hafenbecken, um
ihr die Ehre zu erweisen. Man stelle sich das vor! Ein höchst emotionaler
Moment. Mir kommen immer noch die Tränen, und es stellen sich mir die Haare auf,
wenn ich nur daran denke, dabei war ich gar nicht dabei, sondern liess mir die
Geschichte von Einheimischen erzählen.
Ja, so ist das mit der Insel und ihren Schiffen. Und wenn so ein Schiff plötzlich nicht mehr fährt, vermisst man es, und dann ist die Welt nicht mehr in Ordnung... Und vor allem ist die Bluestar immer pünktlich, ausser es gibt Wetter, also Sturm und Wellen. Und ausserdem wollte ich auch bald vereisen und zwar pünktlich und sowieso mit der Bluestar! Ach...
Ja, so ist das mit der Insel und ihren Schiffen. Und wenn so ein Schiff plötzlich nicht mehr fährt, vermisst man es, und dann ist die Welt nicht mehr in Ordnung... Und vor allem ist die Bluestar immer pünktlich, ausser es gibt Wetter, also Sturm und Wellen. Und ausserdem wollte ich auch bald vereisen und zwar pünktlich und sowieso mit der Bluestar! Ach...
Die Bluestar in voller Fahrt.
Unser
Reiseagentur-Agent vor Ort lachte. „Seit letztem November ist Hellenic Seaways
Bluestar, also aufgekauft, die Schiffe sehen nur noch nicht danach aus; ab letzter
Woche gab es Kurswechsel darum fährt jetzt die Nissos Mykonos von Piräus nach
Mykonos und wieder zurück... und ja, da
es jetzt keine Konkurrenz mehr gibt, können sie es gemütlich nehmen. Ich denke,
das alles ist keine gute Entwicklung.“ Letzteres sagen auch noch andere, aber nicht
nur was die Schiffe betrifft. Nur, das ist eine nächste Geschichte.
Nun denn:
das Schiff kam irgendwann, und irgendwann sind wir in See gestochen und über’s
ruhige Meer getuckert... Man könnte auch sagen, man hat jetzt mehr für das
gleiche Geld. Und sicherlich wird man sich an das neue Schiff gewöhnen. Noch
schneller, wenn sie den Fahrplan um vielleicht eine Stunde ändern, da das
Schiff offenbar chronisch spät kommt. Ti na kanoume, was sollen wir tun, sagen
die Griechen und zucken mit den Schultern.
Gerechterweise
muss gesagt werden, dass sie ihr allerbestes gegeben hat und wir nur mit etwa
20 Minuten Verspätung in Piräus ankamen. Das ist der erste Schritt für eine
Liebesgeschichte... Und was man ihnen allen auf jeden Fall lassen muss, ob
rot-blau oder blau-gelb: die Griechen sind einfach hervorragende Seefahrer! Und natürlich, um es vorweg zu nehmen, manche sehen auch noch gut aus.