Donnerstag, 30. Januar 2014

Zauberkraut




Endlich Regen.



Zur Zeit erfreuen sich Manche des lange ersehnten Regens. Auch hörte ich Bemerkungen darüber, dass man eine kältere Jahreszeit begrüssen würde, damit sämtliches Ungeziefer den Garaus auf natürliche Weise erlebt...



Poverino... - er starb auf natürliche Weise.


 
Varja zum Beispiel, eine Schweizerin mit Berner Dialekt die regelmässig zu „the silent hour“ kommt und auch den Kunst-Workshop besucht – (man stelle sich das vor: da reise ich hunderte von Kilometer weit weg von meinem zu Hause im Kanton Bern und treffe in Ermoupolis auf eine Bernerin! Das ist wie damals, als ich von der Ost- in die Westschweiz zog um ein neues Leben zu beginnen und zu Ostschweizern wohnen kam, Rheintaler und St.Gallerin. Schön, oder?). Also Varja wohnt schon fast seit immer hier, und hat einen grossen Gemüsegarten ausserhalb der Stadt mit eigener Quelle, die derzeit jedoch im Trockenen liegt, was ihr schon einige Sorgen bereitete. Sie zeigte sich erfreut über den Segen von oben, zumal das Wasser auch den leeren Brunnen aufzufüllen verspricht.
 
Also es regnet und es stürmt. Schon seit Sonntag. Wasser ergiesst sich tosend, rauschend vom Himmel, die Treppen hinab, wie unzählige, wild gewordene Bergbäche. Von überall her Wasser! Auch trotz aller Vorsorge im Haus, treffe ich immer wieder auf zwei Pfützen, die wahrscheinlich vom Dachfenster her kommen; eine in der Küche und eine zweite, unerklärliche vor dem Schlafzimmer. Bei Gewitter, wie zum Beispiel am Sonntag, scheint es, als wenn der ganze Himmel auf die Erde stürzt. Naturgewalt pur! Es ist wahrlich beeindruckend, und... gewöhnungsbedürftig. Ganz besonders war am Sonntag auch der doppelte Regenbogen zwischen zwei Regengüssen. Es war nicht so einfach ihn zwischen den Häusern zu finden – unsereins hat vielleicht eher eine Empfindung dafür, wann in den Himmel geschaut werden muss um ihn zu sehen, weil die Ankündigung meist mit einer besonderen Färbung in den Wolken einhergeht und wir uns im Norden, sprich Schweiz, solcherlei Spektakel vielleicht auch eher gewohnt sind wie hier im Süden. Denn, Evgenias Kinder zum Beispiel haben noch nie einen Regenbogen gesehen, und ich bedaure, ihnen nicht eine Nachricht geschickt zu haben, als es soweit war. Wenn ich mich richtig erinnere, erlebte ich bisher drei in Griechenland. Zwei davon in Ermoupolis. Ob das etwas zu bedeuten hat?




 Ein doppelter Regenbogen...




...und eine verheissungsvolle Zukunft aus der Kaffeetasse.



Wie sich das Leben mit dem Nass vom Himmel verändert, erlebte ich am Sonntagnachmittag. Als ich mich um 16 Uhr auf den Weg zum ersten Filmabend in der Schule machte, mit einem Halt im Internetcafé, war die Stadt still und menschenleer. Und dabei war es schon seit etwa einer Stunde am abtrocknen. Auch im Delice war ich die einzige Gästin und ich konnte fast in Ruhe meine Arbeit erledigen. Fast, weil die Internet-Verbindung spukte und ständig unterbrochen wurde. Tja, auf sonderbare Weise bringt hier soviel Wasser alles durcheinander.

being with friends on a sunday evening, heisst unser Sonntagsabendprojekt. Ich habe ein paar Filme von zu Hause mitgebracht, die wir im Zwei-Wochen-Rhythmus eben mit Freunden schauen möchten. Eines der Schulzimmer wurde umfunktioniert, es gab Popcorn und manch andere leckere Sachen, die mitgebracht und geteilt wurden. Wir schauten The Laya Project, eine wunderbare musikalische Reise in den Osten. Wegen des schlechten Wetters waren wir nur eine sehr kleine Gruppe, und nach drei Stunden des Zusammenseins alle total beglückt.


Das Halten des einen Punktes, von dem im ersten Blog die Rede war, befindet sich gerade in einer schwierigen Phase. Es ist immer so: das Leben prüft sofort! Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Bei Tagen wie diesen, wo man keinen Schritt nach draussen gehen kann ohne Gefahr zu laufen im Sturzbach zu ertrinken oder mit der nächsten Sturmböe weg geweht zu werden ist es eben nicht so einfach, und die Übung verlangt eine zusätzliche Anstrengung und kreative Einfälle. Die Temperaturen sanken merklich, Sonne habe ich in diesen Tagen kaum gesehen, geschweige denn etwas von ihrer begehrten Wärme gespürt. Auch im Haus bleibt es, trotz Elektro-Ofen kühl (im Badezimmer zur Zeit 11 Grad Celcius). Dafür schnuppert man gegen Abend Feuer in der Luft, ganz wie in den Schweizer Bergdörfern oder bei mir zu Hause in Gaicht...
Mit dem geliebten Sprung ins Meer halte ich mich zurück, d.h. ehrlich gesagt fiele mir nicht im wildesten Traum ein, derzeit so etwas Verrücktes zu tun! Allerdings, das ist schon der vierte Tag ohne und ich schaue mit Ehrfurcht dem nächsten Schwumm entgegen. Dies bezüglich wurde ich schon der Leichtsinnigkeit gescholten, was mich zwar nicht unbedingt vom Begehrten abhält, aber, tatsächlich spüre ich einen gewissen Zug im Nacken und ausserdem komme ich, so scheints mir, gerade nicht mehr aus dem Frieren raus. Im Ausverkauf konnte ich einen Pullover aus richtiger Wolle erstehen (made in Italy und nicht in China!), was sehr hilft. Von einigen Griechen werde ich ausgelacht. Sie gehen davon aus, dass, wenn man aus der Schweiz oder auch aus Russland kommt bei griechischen Winter-Temperaturen noch lange nicht friert.
 
Na ja, sei’s wie es will. Ich versuche es mit einem tsai tou vounou (griechischer Bergtee), einem Zauberkraut das man für alles Mögliche trinkt. Und tatsächlich, es wirkt! Zwar sind die Wettervorhersagen nach wie vor schlecht, aber die wohlige Teewärme transformiert mich sofort zu Gelassenheit und genüsslicher Freude: dicke Wolken in allen blau, weiss und grau Abstufungen werden über den Himmel geschoben, Regengüsse lassen alles verschwinden und bringen anschliessend klare Farben und eine sauber gewaschene Welt zum Vorschein – bis zum nächsten Regenguss. Wunderbar! Fernsehschauen anstelle wäre Blödsinn!




 Auch ihnen scheint das Wetter nichts auszumachen.




 Cara.


Schliesslich macht das Wetter was es will. Das erfuhr ich kürzlich auch von einer Freundin aus der Schweiz; alles ganz anders wie vorhergesagt!

Also schaue ich derweil dem Grün beim Wachsen zu und trinke Tee.





Schrieb’s – und siehe da, anderntags: ein Himmel der blauer nicht sein könnte! Dekoriert mit zwei vernachlässigbaren Wölkchen weit, weit draussen über’m Meer. 





Mandelbaum in Blüte...




...und mancherlei andere...



...Blumenpracht - es ist eine Freude!




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wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte©grüner atem/sandra dominika sutter

Montag, 27. Januar 2014

more joy of life





 
 

 Dieser singt, allerdings sehr leise, seit 1941 im Hafen von Ermoupolis jahraus, jahrein.


Einfach, damit sich keine falschen Vorstellungen manifestieren: ich mache nicht 3 Monate Ferien im Süden. Das mag sich vielleicht so anhören, von wegen schwimmen, Griechenland, Freude und so. Natürlich bevorzuge ich einen Arbeitsplatz der mich inspiriert, und wenn es sich machen lässt tue ich alles dafür, einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Den Traum den ich zur Zeit auf Syros lebe, sofern man es so nennen will, begann ich vor ungefähr 40 Jahren zu träumen...



"Mein" Schulzimmer für 3 Monate


Also ist es so, dass ich Montag Morgens und Donnerstag Abends "the silent hour" und am Samstag Morgen den Workshop in experimenteller Kunst anbiete (übrigens ist es gut angelaufen – in the silent hour sind wir an beiden Tagen eine schöne Gruppe. Im Workshop sind wir bis jetzt zu Viert. All das, oder?). Diese Stunden wollen vorbereitet, der Raum hergerichtet werden. Die Vardakeios School ist klein und die 4 vorhandenen Zimmer werden mehrfach genutzt. In "meinem" Zimmer findet auch Kindertheater und Holzschnitzen statt. Das heisst, Tische und Stühle werden herum geschoben, Teppiche aus- und wieder zusammengerollt, Böden gefegt... Natürlich füllt das noch keine Arbeitswoche. Das Erledigen meiner Arbeit über Email jedoch ist ein grösserer Kraftakt. Zu Hause habe ich kein Internet. Wenn Anna im Büro der Schule arbeitet, kann ich mich dort einloggen. Evgenia lässt mich, bei Gelegenheit, freundlicherweise ihren Anschluss bei sich zu Hause benutzen. Aber auch das braucht Organisation. Und von wegen Privatsphäre – in der Schule ist ständig Betrieb, mittlerweile kenne ich auch schon ein paar Menschen, mit denen es schön ist, ein paar Worte oder Neuigkeiten auszutauschen. Bei Evgenia zu Hause gibts zwei "wilde" Buben, 4 und 8 Jahre alt. Dem Kleineren habe ich einmal Fussreflexzonenmassage angeboten – jetzt möchte er das öfters geniessen, wenn ich dort bin. Also erprobe ich gerade sämtliche Coffee-Places in Town, um meine Arbeit in einer nützlichen Zeit zu erledigen. Die gute Durchlüftung einiger Lokale habe ich bereits erwähnt = nicht so gemütlich. Was mich aber am meisten überrascht, nebst lauter Musik und schlechter Akustik: hier wird in vielen Lokalen noch geraucht. DAS ist eine wirklich grosse Herausforderung! Go with the flow, heisst es so schön. Auch das übe ich – die richtige Zeit und den richtigen Ort zu erwischen ist alles! Wie kürzlich im Delice, zum Beispiel – wie schön, my dearest Louis Armstrong aus dem Decken-Lautsprecher... Oh yeah! What a joy of life! Thank you Louis! and: no smoke, gute Akustik und nette Menschen!



Strassenkunst - Athene mit Rösslein? - auf dem Weg zum Delice.



Die restliche Zeit suche ich im Aussenraum nach Grün, male, zeichne, fotografiere, schreibe. Zweimal die Woche ins Aikido, wenn's geht wie gesagt jeden Tag schwimmen, weil mehr wie einen Tage Pause und dann wieder ins Winter-Meer steigen wird zu einer grösseren Übung... – einmal die Woche ins Griechisch, inkl. Hausaufgaben. Auch die Bewältigung des Haushalts ist nicht so einfach wie in der Schweiz. Keine Waschmaschine, also Handwäsche oder mit Evgenia organisieren wann ich ihre Maschine benutzen darf, Abwaschwasser muss aufgeheizt werden, Fensterläden bei zu erwartendem Regen geschlossen, bei zu langem Ausbleiben des Regens müssen Pflanzen gegossen werden, Bougainvillea-Blüten-und-Blätter zusammengewischt, auch das Kochen auf Gas will wieder gelernt werden, usw.  Ehrlich gesagt fühle ich mich total ausgelastet. Nicht zu vergessen, dass all diese Unternehmungen immer auch mit vielen Treppengängen verbunden sind. Auch die Einkaufsstrasse mit den Hauptgeschäften ist 305 Treppenstufen vom Haus entfernt... immerhin, meine Oberschenkelmuskeln werden merklich stärker und straffer, es ist eine Freude... abgesehen vom Kater. Evgenia erzählte mir kürzlich: als sie vor 13 Jahren von Athen hierher zog, sah sie nur Treppen. Heute sieht sie keine mehr. Eigentlich habe ich nicht so weit in die Zukunft geplant und hoffe, mein Prozess geht schneller.

Und was die Arbeit als solche betrifft: eine Bekannte hat mir einmal erklärt, dass alles Arbeit ist oder nichts. Egal ob ich koche, zeichne, male, schreibe, Geschirr abwasche, putze oder in einem Büro sitze, ob ich Ärztin bin, Verkäuferin oder Banker. Mir hat das sehr eingeleuchtet. Man kann es auch so sehen: egal in welchem Feld wir tätig sind, wir geben alle von unserer Lebenszeit – die ist kostbar und gleichwertig. Wir haben verschiedene Aufgaben, Fähigkeiten und Talente, aber tragen alle zum Ganzen bei, sei es in einem kleinen oder in einem grossen Kreis, ist es nicht so?



JA! - richtiges Grün!



Apropos Grün: ich muss mich total korrigieren. Letzten Sonntag wurde ich zu einem Ausflug aufs Land eingeladen – genau genommen zu einer Doppelgeburtstagsfeier eines deutschen Paares. Er erinnert mich sehr an einen verstorbenen Onkel, auch Deutscher. Dieser hier war Kapitän (jetzt pensioniert), jener liebte das Segeln über alles - aber auch äusserlich haben sie viel Ähnlichkeit. Auch die Frau erinnert mich... nur habe ich den dazu gehörenden Faden noch nicht gefunden... Jedenfalls, durfte ich mit Annabel und Spiros, die ich von der Vardakeios School kenne und die auch eingeladen waren mitfahren. Schon auf der Hinfahrt traute ich meinen Augen nicht: Grün so weit das Auge reicht! Baumbestand, ja, etwas spärlich. Aber auch das musste ich etwas später revidieren. Spiros und Annabel wollten mir auf der Rückfahrt nämlich ihren Lieblingsort der Insel zeigen, eine grüne Oase mit Blick auf Ermoupolis, und so kam ich in den Genuss, einen ganz neuen Flecken zu entdecken – ich konnte mich gar nicht satt sehen! Leider Gottes ist es so, dass die Busverbindungen zu diesen Ortschaften sehr reduziert sind, im Winter noch mehr wie im Sommer oder gar nicht existieren. Na ja, dafür gibt es, nebenher bemerkt, auf der ganzen Insel mindestens 9 Tankstellen! 




 Abenteuerweg...

und noch mehr Grün auf meiner Wanderung.



Also versuche ich das Mögliche, nehme den Bus soweit es geht und wandere dann wohin mich mein Herz führt. Neulich wollte ich in ein Dorf mit beeindruckenden Häusern. Ich hoffte, einen Wanderweg dorthin zu finden, einen so genannten Eselspfad. Ich fragte Grossmutter danach, die ich beim Zusammenwischen von Laub vor ihrem Haus traf. Ja, manche Grossmütter haben ein Wissen in den Augen das man nicht oft sieht. Zwar reden sie über ganz Alltägliches, aber da schwingt noch etwas anderes mit, etwas von sehr weither, etwas ganz, ganz Tiefes... man spürt es sofort. Der Blick in solche Augen ist wie ein Weckruf, wie ein Aufhorchen, manchmal auch wie ein heller Glockenklang. Sie erklärte mir den Weg genau – nein, Wanderwege gibt’s hier nicht. Sie erzählte mir, dass sie 46 Jahre in Athen gelebt hatte und dann mit ihrem Mann hierher zog. Nun sei sie auch schon viele Jahre hier, ihr Mann ist gestorben, aber ihre Tochter wohnt in Pago (Eis), im kältesten Dorf der Insel. Sie lud mich ein, das nächste Mal, wenn ich in der Gegend sei, auf einen Kaffee zu kommen und gab mir alles Glück und guten Segen mit auf den Weg. Ja, das ist ein schönes Wandern, mit dem Glück in der Tasche, vor allem wenn man hauptsächlich auf Asphalt geht. So klärt sich im Rhythmus des Gehens und Atmens manches in Herz und Geist. Mir ergeht es auf jeden Fall so. So erinnerte ich mich an eine ähnliche Begegnung auf Patmos vor 2 Jahren (Blog vom November 2011 sto kalo na pas). Und plötzlich fiel mir dazu die Geschichte des kleinen Prinzen und seiner Begegnung mit dem Fuchs ein. „Zähme mich,“ sagte der Fuchs zum kleinen Prinzen... ja, sollte ich wieder kommen, gibt’s einen Kaffee, ein Glas Wasser... ist ja egal, aber: mit dem Wiederkommen wird eine Verbindung aufgebaut, so geht das! Ah ja, und da war eine Katze bei ihr – nein, keine schwarze, das wäre eine andere Geschichte. Eine weisse, mit edler, amber-farbiger zarter Zeichnung auf der Stirn und: wunderschönen, blauen Augen!


Grüner Treppen-Teppich.






heute fliegen die möwen synchron
wie derwische.
meist zu zweit – manchmal zu dritt.
weisser tanz in endlosem blau.




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Mittwoch, 15. Januar 2014

joy of life - und der eine Punkt




ER singt auch noch im Januar... im Hafen von Ermoupolis.





Ein schöner Stein...




und dazu ein bisschen Grün...




7-Minuten-Schwumm im Meer zum angewöhnen, und ½ Stunde Sonnenbad zum wieder aufwärmen – und das Anfang Januar. Man sagte mir, dies seien die Alkyonides-Tage – eine Periode von warmen Tagen bis zu 20 Grad Celcius, beginnend nach Weihnachten bis ca. Mitte Januar; Tage milden Wetters, damit die Vögel ihre Eier legen können... (natürlich gibt es auch eine seriösere, klassische Geschichte dazu. Nachzulesen im Internet). 

Eine knappe Woche hier, war ich fast jeden Tag im Meer. Natürlich ist das Wasser, na ja, sagen wir einmal: frisch. Tatsächlich aber bin ich nicht die einzige „Verrückte“. Da ist zum Beispiel Frau Eleni die jeden Mittag mit ihrem Hündchen kommt oder der Italiener, der, wenn er da ist, eine wirklich grosse Strecke schwimmt. Ab und zu entdecke ich auch ein Gesicht, das ich noch nicht kenne. Auf jeden Fall ist das Erlebnis der Hammer. Winterschwimmen am Bielersee würde mir auch im wildesten Traum nicht einfallen! Nur, dem Meer kann ich mich nicht entziehen – es ruft mit derart verführerischer Stimme... was soll ich anderes tun als mich hingeben? Die Lebensfreude und der Lebenswille werden dabei total aktiviert! Ausserdem kann ich das Halten des einen Punktes üben. Der kommt aus dem Aikido und befindet sich unterhalb des Nabels tief, ganz tief drin. Kurz gesagt: wenn man den einen Punkt verliert, bekommt man eine Erkältung, wenn man nur schon an sie denkt. Oder eben gerade deshalb. Der eine Punkt lässt sich übrigens bei allen Tätigkeiten im Alltag üben, man braucht dazu nicht zwingend das Meer!




Am "Stadtstrand" mit Sicht auf Agios Nikolaos...




und Didimi.




Also bin ich zurück auf Syros, in meinem geliebten Griechenland, mit seinen wunderbaren Geschichten. Im Herbst wurde ich von Evgenia angefragt (siehe Blog 2013), ob ich daran interessiert sei, über den Winter einen Kunstworkshop in ihrer Schule in Ermoupolis anzubieten. Da mir schon seit vielen Jahren etwas Derartiges im Kopf, resp. in der Seele rum schwirrt, habe ich zugesagt. Wir haben 2 Angebote mit dem Titel „joy of life – χαρά ζωής“ ausgeschrieben: „development of consciousness through experimental art“ und „the silent hour“ (½ Stunde body-exercises, ½ Stunde Meditation). Für beide Veranstaltungen hat es Anmeldungen und ich bin wahrlich gespannt, wie es anläuft. Nächste Woche weiss ich mehr. Wie ich zu einer Unterkunft und zu Unterstützungsbeiträgen für die Projekte gekommen bin (die Einnahmen gehen alle zur Unterstützung der Schule), ist wahrlich eine beeindruckende Geschichte, die, wer weiss, eines Tages geschrieben werden möchte. 



Balkon-Stilleben 1



Ich habe ein schönes Haus etwas oberhalb des Hafens bezogen. Vom Hafen bis zur Haustüre sind es 305 Treppenstufen. Von meinem Balkon sehe ich die Schiffe ankommen und wieder ablegen – ich sehe die Werft, die begrünten Hügel im Westen, die in der Abendsonne das Aussehen einer japanisches Tuschezeichnung erlangen, geniesse jeden Abend einen Sonnenuntergang – und etwas später dann den Sternenhimmel. 


 Balkon-Stilleben 2



Kaum hier, begegnet man auf mysteriöse Weise allen bekannten Gesichter. Die Wiedersehensfreude rundum war berührend. Selbst die Einfahrt in den Hafen war ergreifend! Das Schiff hornte 4mal, und von der Kirche Agios Dimitrios läuteten die Glocken als Antwort. Seltsamerweise ist es mir, als wenn ich niemals weg gewesen wäre, und wenn ich an mein Schweizer Leben denke, fühlt es sich an wie aus einer anderen Zeit. Dabei ist es so, dass ich nicht wirklich daran glaubte, auf diesen kargen Flecken Erde sobald schon zurückzukehren und dann noch für 3 Monate. Wohlverstanden, es ist ein schöner Stein, der sich aus dem tiefblauen Meer erhebt und sich ins leichtere, sphärischere Himmelblau schmeichelt. Da schwingt eine gewisse Erhabenheit mit, ein in sich ruhender, stiller Stolz... und die Insel bietet einige überraschende Spezialitäten, zum Beispiel Aikido. Nur, wo ich doch die Bäume so liebe, von den Olivenbäumen bis zum Wald. Ein paar Schattenspender – oder: grosse, schlanke Freunde, wie ich sie gerne nenne, gibt’s schon, auch ein paar Kleewiesen, aber von richtigem Grün kann keine Rede sein. Auch stellt man sich den Winter im Süden allenfalls mild und freundlich vor. Tatsache ist jedoch, dass es nur bei Sonnenschein richtig-richtig gemütlich ist. Die Häuser haben meist mangelhafte Isolation oder spärliche Heizung. Die Türen der meisten Geschäfte und Lokale stehen tagsüber offen. Abends und nachts wird es empfindlich frisch, und die Feuchtigkeit macht auch vor der dicksten Baumwolle keinen Halt. Ich muss die fröstelnden, ungemütlichen Stunden meines letzten Winteraufenthalts verdrängt haben oder meine Liebe zu Griechenland hat mein Erinnerungsvermögen verklärt... In meinem Badezimmer (eine Dusche mit lauwarmem Wasser ist vorhanden) zeigt das Thermometer ca 13 Grad, weil, keine Heizung. Die Dusche mit dem heissen Wasser befindet sich ausserhalb des Hauses – genau genommen 28 Stufen vom Badezimmer entfernt. So etwas ähnliches hatte ich schon einmal, aber da war es Sommer. Meist ist es so, das derlei Überraschungen erst zum Vorschein kommen, wenn man schon eingezogen ist – man kann es auch nennen: das Wesen des Abenteuers.
Es gibt eine schöne Beschreibung über zwei Techniken im Aikido, Irimi / Eintreten und Tenkan / Austreten, und die geht so: Tritt man aus einem kalten Haus hinaus in den noch kälteren Aussenraum und anschliessend wieder zurück ins gleiche Haus hinein, erscheint einem die Temperatur im Haus viel wärmer wie noch zu vor. Also: ich übe.
Das Schlafzimmer lässt sich gut heizen. Es ist das Zimmer mit Balkon und eben dieser Sicht in die Landschaft. Darin lässt sich gut leben! und in meinem Fall verhält es sich wahrscheinlich eh so: Hauptsache Griechenland – an den Rest gewöhnt man/frau sich mit der Zeit... - oder?

Ich wünsche allen eine warme Stube!




noch blinkt es...





22 Uhr 20
ich lausche in die Nacht
jaja!
und wie er kräht, Nachbar's Hahn.



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