Dieser singt, allerdings sehr leise, seit 1941 im Hafen von Ermoupolis jahraus, jahrein.
Einfach, damit sich keine falschen Vorstellungen manifestieren: ich mache nicht 3 Monate Ferien im Süden. Das mag sich vielleicht so anhören, von wegen schwimmen, Griechenland, Freude und so. Natürlich bevorzuge ich einen Arbeitsplatz der mich inspiriert, und wenn es sich machen lässt tue ich alles dafür, einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Den Traum den ich zur Zeit auf Syros lebe, sofern man es so nennen will, begann ich vor ungefähr 40 Jahren zu träumen...
"Mein" Schulzimmer für 3 Monate
Also ist es so, dass ich Montag
Morgens und Donnerstag Abends "the silent hour" und am Samstag Morgen
den Workshop in experimenteller Kunst anbiete (übrigens ist es gut angelaufen – in the silent hour sind wir an beiden Tagen eine schöne Gruppe. Im Workshop sind wir bis jetzt zu Viert. All
das, oder?). Diese
Stunden wollen vorbereitet, der Raum hergerichtet werden. Die Vardakeios School
ist klein und die 4 vorhandenen Zimmer werden mehrfach genutzt. In
"meinem" Zimmer findet auch Kindertheater und Holzschnitzen statt.
Das heisst, Tische und Stühle werden herum geschoben, Teppiche aus- und wieder
zusammengerollt, Böden gefegt... Natürlich füllt das noch keine Arbeitswoche. Das Erledigen meiner Arbeit über Email
jedoch ist ein grösserer Kraftakt. Zu Hause habe ich kein Internet. Wenn Anna im Büro
der Schule arbeitet, kann ich mich dort einloggen. Evgenia lässt mich, bei
Gelegenheit, freundlicherweise ihren Anschluss bei sich zu Hause benutzen. Aber
auch das braucht Organisation. Und von wegen Privatsphäre – in der Schule ist
ständig Betrieb, mittlerweile kenne ich auch schon ein paar Menschen, mit denen
es schön ist, ein paar Worte oder Neuigkeiten auszutauschen. Bei Evgenia zu
Hause gibts zwei "wilde" Buben, 4 und 8 Jahre alt. Dem Kleineren habe
ich einmal Fussreflexzonenmassage angeboten – jetzt möchte er das öfters
geniessen, wenn ich dort bin. Also erprobe ich gerade sämtliche Coffee-Places
in Town, um meine Arbeit in einer nützlichen Zeit zu erledigen. Die gute
Durchlüftung einiger Lokale habe ich bereits erwähnt = nicht so gemütlich. Was
mich aber am meisten überrascht, nebst lauter Musik und schlechter Akustik:
hier wird in vielen Lokalen noch geraucht. DAS ist eine wirklich grosse
Herausforderung! Go with the flow, heisst es so schön. Auch das übe ich – die
richtige Zeit und den richtigen Ort zu erwischen ist alles! Wie kürzlich im Delice, zum Beispiel –
wie schön, my dearest Louis Armstrong aus dem Decken-Lautsprecher... Oh yeah!
What a joy of life! Thank you Louis! and: no smoke, gute Akustik und nette
Menschen!
Strassenkunst - Athene mit Rösslein? - auf dem Weg zum Delice.
Die restliche Zeit suche ich im
Aussenraum nach Grün, male, zeichne, fotografiere, schreibe. Zweimal die Woche
ins Aikido, wenn's geht wie gesagt jeden Tag schwimmen, weil mehr wie einen
Tage Pause und dann wieder ins Winter-Meer steigen wird zu einer grösseren
Übung... – einmal die Woche ins Griechisch, inkl. Hausaufgaben. Auch die
Bewältigung des Haushalts ist nicht so einfach wie in der Schweiz. Keine
Waschmaschine, also Handwäsche oder mit Evgenia organisieren wann ich ihre Maschine benutzen darf, Abwaschwasser muss aufgeheizt werden, Fensterläden bei zu
erwartendem Regen geschlossen, bei zu langem Ausbleiben des Regens müssen Pflanzen gegossen werden, Bougainvillea-Blüten-und-Blätter zusammengewischt,
auch das Kochen auf Gas will wieder gelernt werden, usw. Ehrlich gesagt fühle
ich mich total ausgelastet. Nicht zu vergessen, dass all diese Unternehmungen
immer auch mit vielen Treppengängen verbunden sind. Auch die Einkaufsstrasse mit den Hauptgeschäften ist 305 Treppenstufen vom Haus entfernt... immerhin, meine
Oberschenkelmuskeln werden merklich stärker und straffer, es ist eine Freude... abgesehen vom Kater. Evgenia
erzählte mir kürzlich: als sie vor 13 Jahren von Athen hierher zog, sah sie nur
Treppen. Heute sieht sie keine mehr. Eigentlich habe ich nicht so weit in die
Zukunft geplant und hoffe, mein Prozess geht schneller.
Und was die Arbeit als solche
betrifft: eine Bekannte hat mir einmal erklärt, dass alles Arbeit ist oder
nichts. Egal ob ich koche, zeichne, male, schreibe, Geschirr abwasche, putze
oder in einem Büro sitze, ob ich Ärztin bin, Verkäuferin oder Banker. Mir hat das sehr
eingeleuchtet. Man kann es auch so sehen: egal in welchem Feld wir tätig sind,
wir geben alle von unserer Lebenszeit – die ist kostbar und gleichwertig. Wir
haben verschiedene Aufgaben, Fähigkeiten und Talente, aber tragen alle zum
Ganzen bei, sei es in einem kleinen oder in einem grossen Kreis,
ist es nicht so?
JA! - richtiges Grün!
Apropos Grün: ich muss mich
total korrigieren. Letzten Sonntag wurde ich zu einem Ausflug aufs Land eingeladen –
genau genommen zu einer Doppelgeburtstagsfeier eines deutschen Paares. Er erinnert mich sehr an einen verstorbenen Onkel, auch Deutscher. Dieser hier war Kapitän (jetzt pensioniert), jener liebte das Segeln über alles - aber auch äusserlich haben sie viel Ähnlichkeit. Auch die Frau erinnert mich... nur habe ich den dazu gehörenden Faden noch nicht gefunden... Jedenfalls, durfte ich mit Annabel und Spiros, die ich von der Vardakeios School kenne und die
auch eingeladen waren mitfahren. Schon auf der Hinfahrt traute ich meinen Augen
nicht: Grün so weit das Auge reicht! Baumbestand, ja, etwas spärlich. Aber auch
das musste ich etwas später revidieren. Spiros und Annabel wollten mir auf der
Rückfahrt nämlich ihren Lieblingsort der Insel zeigen, eine grüne Oase mit Blick auf Ermoupolis, und so kam ich in den
Genuss, einen ganz neuen Flecken zu entdecken – ich konnte mich gar nicht satt
sehen! Leider Gottes ist es so, dass die Busverbindungen zu diesen Ortschaften
sehr reduziert sind, im Winter noch mehr wie im Sommer oder gar nicht
existieren. Na ja, dafür gibt es, nebenher bemerkt, auf der ganzen Insel
mindestens 9 Tankstellen!
Abenteuerweg...
und noch mehr Grün auf meiner Wanderung.
Also versuche ich das Mögliche,
nehme den Bus soweit es geht und wandere dann wohin mich mein Herz führt.
Neulich wollte ich in ein Dorf mit beeindruckenden Häusern. Ich
hoffte, einen Wanderweg dorthin zu finden, einen so genannten Eselspfad. Ich
fragte Grossmutter danach, die ich beim Zusammenwischen von Laub vor ihrem Haus
traf. Ja, manche Grossmütter haben ein Wissen in den Augen das man nicht oft
sieht. Zwar reden sie über ganz Alltägliches, aber da schwingt noch etwas
anderes mit, etwas von sehr weither, etwas ganz, ganz Tiefes... man spürt es
sofort. Der Blick in solche Augen ist wie ein Weckruf, wie ein Aufhorchen,
manchmal auch wie ein heller Glockenklang. Sie erklärte mir den Weg genau –
nein, Wanderwege gibt’s hier nicht. Sie erzählte mir, dass sie 46 Jahre in
Athen gelebt hatte und dann mit ihrem Mann hierher zog. Nun sei sie auch schon
viele Jahre hier, ihr Mann ist gestorben, aber ihre Tochter wohnt in Pago
(Eis), im kältesten Dorf der Insel. Sie lud mich ein, das nächste Mal, wenn ich
in der Gegend sei, auf einen Kaffee zu kommen und gab mir alles Glück und guten
Segen mit auf den Weg. Ja, das ist ein schönes Wandern, mit dem Glück in der
Tasche, vor allem wenn man hauptsächlich auf Asphalt geht. So klärt sich im Rhythmus des Gehens
und Atmens manches in Herz und Geist. Mir ergeht es auf jeden Fall
so. So erinnerte ich mich an eine ähnliche Begegnung auf Patmos vor 2 Jahren (Blog vom November 2011 sto kalo na pas). Und plötzlich fiel mir dazu die
Geschichte des kleinen Prinzen und seiner Begegnung mit dem Fuchs ein. „Zähme
mich,“ sagte der Fuchs zum kleinen Prinzen... ja, sollte ich wieder kommen,
gibt’s einen Kaffee, ein Glas Wasser... ist ja egal, aber: mit dem Wiederkommen
wird eine Verbindung aufgebaut, so geht das! Ah ja, und da war eine Katze bei
ihr – nein, keine schwarze, das wäre eine andere Geschichte. Eine weisse, mit
edler, amber-farbiger zarter Zeichnung auf der Stirn und: wunderschönen, blauen Augen!
Grüner Treppen-Teppich.
heute fliegen die möwen synchron
wie derwische.
meist zu zweit – manchmal zu dritt.
weisser tanz in endlosem blau.
sämtliche inhalte dieses blogs unterliegen dem copyright.
wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte©grüner atem/sandra dominika sutter
wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte©grüner atem/sandra dominika sutter
Hi Sandra! Vielen Dank fuer deine 'updates'. Ich freue mich sehr, dass du wieder auf Syros bist. Grüß bitte die Anna, Evgenia und die anderen von mir! Es war echt eine schöne Zeit, die wir zusammen dort hatten. Ende Februar werde ich auch nach Griechenland ziehen. Vielleicht kommen wir dann auch nach Syros bevor du wieder weg bist! LG aus Freiburg, Chris
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