Montag, 27. April 2015

Rote Punkte




Der rote Punkt - hier in schöner Korrespondenz mit der Kirchenkuppel im Hintergrund!
  
Das Wetter hat sich seit Ostern verhältnismässig gut gehalten. Dennoch, die Temperaturen sind immer noch einigermassen tief, ab und zu gibts Regentropfen. Ungewöhnlich, sagen die Menschen hier. Sie sehnen sich nach Sonne und Wärme nach diesem kalten, langen Winter. Trauriges Wetter (bedeckt, Regen, Kühle, Wolken bis zur Erde), spürt man derzeit sofort in der Atmosphäre. Was mich betrifft, so werde ich wind-fühling. Nordwind ist zwar kühl, aber trocken. Dreht er gen Süden, und... man/frau merkt es sofort, kommt Feuchtigkeit, fröstelts mich auch noch bei 20 Grad, und die Wäsche trocknet allenfalls mit zweimal aufhängen: das erste Mal draussen den ganzen Tag über antrocknen und das zweite Mal drinnen zum fertig trocknen... wenn denn abends noch die Heizung läuft. Selbstverständlich studiert frau bevor sie wäscht die Wettervorhersage - nur, auch hier prophezeien verschiedene Frösche allerlei Wetter. Am eindrücklichsten ist, wenn sich der Wind im Kreise dreht...

HEUTE wird die Wäsche im Husch trocken, denn HEUTE macht der Süden seinem Namen alle Ehre - JETZT - windstill, mild, fantastisches, unendlich weites Blau oben und etwas dunkler dem Horizont entlang, und Düfte wie im richtigen Frühling! Endlich so, wie man es sich vorstellt, wenn man "Süden" denkt oder hört. Wunderbar!



Und herzlich grüsst die glückliche Hühnerfamilie eine Freundin in der Schweiz.

 
Dem Ruf des Wassers, eben diesem dunklen Blau, folge ich und tauche ein, wann immer es geht - ach thalassaki mu! Das Wasser ist immer noch sehr kalt, das sagen auch jene, die den ganzen Winter über geschwommen sind... aber schön ist es trotzdem und jedes Mal wie "neu geboren werden". Möchte man das missen?



...es war schon etwas spät, aber von der Stimmung her einmalig!





Ausnahmsweise Wasser im Bach. Grün mit etwas Rot (Mitte links).


Wie schon erwähnt, bin ich derzeit damit beschäftigt, rote Punkte zu finden oder auch welche zu malen, sofern sie unauffindbar sind, resp. von der Witterung gefressen wurden. Mein Aufenthalt hier ist nämlich damit begründet, dass eine meiner lieben Syros-Freundinnen mit ihrem Mann für längere Zeit ins Schweizerland gereist ist. Nun hüte ich einerseits Katzen und Haus, und betätige mich in einem grossen, schönen Garten. Andererseits mache ich ausnahmsweise in Bälde was die Freundin sonst regelmässig macht, nämlich für Imbach* wandern. Anfangs Mai kommt die erste von zwei Klein-Wandergruppen, die ich über die Insel führen darf. Tatsächlich ist es so, dass meine allerersten zwei Griechenlandreisen mit Imbach stattfanden, da war ich 18 Jahre alt, und das war "Wandern auf Kreta" und eine Reise auf der Peloponnes. Und das habe ich noch in lebhafter Erinnerung und das war schön! 



Minzefeld, wildwachsend - ach...




So kann es einem unterwegs auch anschauen.



Fast schon Kunst oder tatsächlich bereits?



Und wie es zu diesem Engagement gekommen ist? Ja, das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls hat es etwas mit der geheimnisvollen Insel zu tun (siehe Blog "die Heimliche und der grüne Atem") und es erschüttert mich geradezu, wenn ich daran denke, dass ich vor ein paar wenigen Jahren nichts, aber wirklich nichts von diesem Flecken Erde wissen wollte... Was ich alles verpasst hätte! Eine Stadt voller Überraschungen und Schönheit, Aikido Syros, Pontisch Tanzen, herzallerliebste Samtpfoten, Kraftplätze die einem ins höchste aller Gefühle versetzen. Aber ohne die vielen Menschen, die mir mit ihren offenen Herzen, mit ihrer Wärme, mit ihrem Wohlwollen und ihrer Freundlichkeit entgegenkommen und begegnen, wäre all das rundum nichts! Tja, nun bin ich hier und möchte gar nicht mehr weg. So kann es einem ergehen. 




 Klein aber fein - Aikido Syros grüsst den Rest der Welt ;-)



Der hintere Teil der Gymnastikhalle ist nun für Aikido, Karate, Jaido reserviert
Das ist eine Erneuerung seit dem letzen Mal, als ich hier war. 




Wo ich zögerte, kürzlich bei einer Wanderung, gingen sie 
voran und zeigten mir den Weg: eines von zwei Rebhühnern.


Wanderweg: echli wild - aber soooo schön!

Also bin ich in Vorbereitung für die Gäste, die bald kommen werden. Wanderungen nochmal ablaufen, Alternativen rekognoszieren, Tavernen kontaktieren, Stadtführung üben, mich in dieses und jenes Thema vertiefen usw. So weiss ich's nun auch schwarz auf weiss - am eigenen Leib habe ich es ja schon unzählige Male gespürt und erlebt - dass Griechenland weltweit an zweiter Stelle steht, was die Artenvielfalt von medizinisch verwendbaren Pflanzen betrifft (steht bei Wikipedia). Diese Energie der Pflanzen erfüllt die ganze Atmosphäre, man badet darin und erstarkt! Oder wie sonst lässt sich erklären, dass ich mehr fliegend und tanzend wie gehend den Steil rauf komm'...?
Wer also nicht in Ellas zu Kräften kommt oder gesundet - muss dann wohl nach Madagaskar...



Nach ein paar Stunden wohlverdient. War lecker!




LeserInnentest: wo ist der rote Punkt?



 So habe ich es gerne... kunstvoll und eindeutig!




Wenn ich ihn richtig erkannt habe: Star of Bethlehem. Wird in der Bachblüten-Therapie 
eingesetzt, wirksam bei Schocks und Traumatas von ebenerst oder auch von lange her. 


 
 *Imbach Wanderferien Schweiz
 
 sämtliche inhalte dieses blogs unterliegen dem copyright. 
wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte © grüner atem / sandra dominika sutter

Dienstag, 21. April 2015

SO SCHÖN!

Karfreitag-Abend: es war ein schöner Umzug. Ich war mit den Freunden aus Athen, die mir letztes Jahr ihr Haus in Ermoupolis vermietet hatten. Die Prozession geht durch ihre Strasse, und am Treppenabsatz zu ihrem Haus macht sie Station, um Namen von Vorfahren vom Pope lesen zu lassen, seitenweise. Das war sehr besonders. Später auf dem Miauli-Platz vor dem Rathaus, kamen die 3 Epitaphi der Orthodoxen Kirchen der Stadt zusammen. Ich weiss nicht, wie das bei den Katholiken ablief. Früher, so las ich, hätten sich die katholisch und orthodox Gläubigen am Hafen getroffen und als Zeichen der Freundschaft umarmt und sich gemeinsam gefreut. Als ich das meinen Freunden erzählte und nachfragte meinten diese, davon hätten sie noch nie gehört. Tatsächlich war das Einvernehmen der verschiedenen Konfessionen zeitweise sehr schwierig. Manche hätten es noch erlebt, dass man nicht auf dem gleichen Gehsteig gegangen ist, und querkonfessionelle Hochzeiten waren bis noch vor 15 Jahren unvorstellbar. 



Das Verlesen der Namen der Vorfahren. 


 

Der Epitaph, symbolisches, wunderschön geschmücktes Grab Jesu,
wird von starken Männern durch die Strassen getragen.





 Warten auf die letzte Prozession.




Der Rede des Metropoliten folgten nicht alle Zuschauer bis zum Schluss
Zu tief waren die Temperaturen und zu kalt wehte der Wind.


An Ostern, sagen die Griechen und so ist es der Brauch, soll niemand alleine sein. Also war ich eingeladen und es war fantastischst wunderbar! 
 


Aussicht am Ort der Feier.

Erste Auferstehung, Christos Anesti, Auferstehungs-Suppe um Mitternacht (Magiritsa heisst sie - Gemüse, Ei und Innereien. Geht auch vegetarisch mit Pilzen. Beides war lecker!), Parea, Lachen, Schwatzen, Lamm auf Spiess, rote Eier (ah... ich wurde 3x Gewinnerin des Eiertütschens... dummerweise habe ich vergessen zu fragen, was das für den Rest des Jahres oder Lebens bedeutet...) laute Musik, allerlei Gutes, Wein. So erlebte ich es zum ersten Mal. Die Freude der Menschen transformierte sich spürbar in die Atmosphäre - denn, pünktlich mit der Auferstehung Christi kam über Nacht auch der warme Frühling. Wir feierten unter blaustem Himmel, kurzärmlig und suchten zeitweise bereits den Schatten. 



  Für unsereins gewöhnungsbedürftig: Lamm auf Spiess.



 Die werdende Festtafel mit Aussicht.



 
Gastgeber und Chirurg am Werk.

 



 Festessen. Man beachte die Serviette!


Nur getanzt habe ich nicht - das heisst, innerlich schon, denn die Krönung des Tages war meine Wanderung von den Gastgebern zurück nach Hause. Ach, was für ein gesegneter Flecken Erde - stundenlang zu Fuss unterwegs, kaum müde und total beglückt! Das Licht, die Düfte, die Farben, die vielfältige Natur, das Gestein! Was für eine Herrlichkeit!



Unterwegs: Traumhaus an Traumlage.



Das Weiss-Filigrane : wilder Ruccola - lecker!



Ein Rösslein für eine Schweizer Freundin.



Und die Krönung: Galissas Beach.



Man muss es erlebt haben - vor allem auch i proti Anastassi, die erste Auferstehung. Die ist eben schon am Samstag Morgen. Man stelle sich vor: Gottesdienst in der Kirche. Plötzlich rennen die Priesterhelfer, Jungs in verschiedenem Alter, voll begeistert durch den Gottesraum in eine hintere Ecke. Die griechischen Gottesdienste sind dafür bekannt, dass sie leben, dass sozusagen "Betrieb" ist - während der Liturgie werden Kerzen von Gläubigen angezündet, Ikonen geküsst, Bekannte begrüsst, Kinder bewegen sich oft frei nach hier und dort, ein Handy schellt, einige kommen, andere gehen... Aber dass die Priesterhelfer sich so verhalten... Na ja. Dann geht plötzlich ein Getöse los, der den ganzen Kirchenraum zum erbeben bringt. Wer kann klappert mit den Holzklappstühlen, und davon hat es reichlich, so heftig und laut er oder sie kann. Der Priester geht mit Körben von grünem Blattwerk durch die Gänge und wirft dieses über den Köpfen der Menschen aus, denn Jesus ist auferstanden! 

Ich sah dann auch wie die Jungs sich gegenseitig anfeuerten, wer mehr und lauter mit Holz auf Holz schlagen konnte... Und, da war ein Lachen und eine Herzensfreude im Raum... einfach unglaublich! Ich war tagelang davon total berührt, so schön war das! 

Die Auferstehungsfeier am Abend in der Kirche war sehr still, für mich ein wenig wie Weihnachten, mit Kerzenlicht und dem "Christos Anesti" das von allen gesungen wurde. Anschliessend folgte ein lautes Feuerwerk und dann eben ging man nach Hause oder zu Freunden, ass die Auferstehungssuppe und vieles mehr, und feierte bis in den Morgen.

Die nächsten vierzig Tage, also bis Pfingsten, ist es der Brauch, dass man sich bei der Begrüssung Chronja Polla (viele Jahre!) und/oder Christos Anesti wünscht! Die Antwort darauf lautet dann ebenso Chronja Polla und/oder Alithos Anesti, resp. Alithos O Kirios! Wahrlich, er ist auferstanden! Und verbreitet Freude!

Ich habe mich derweil auf die Socken, resp. Wanderwege gemacht und suche/finde rote Punkte. Aber davon mehr, das nächste Mal.
  

CHRONIA POLLA KAI CHRISTOS ANESTI!


sämtliche inhalte dieses blogs unterliegen dem copyright. 
wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte © grüner atem / sandra dominika sutter









Freitag, 10. April 2015

Wenn du die Sonne siehst...




  
Mitten in Athen im Grünen: mit Blick auf Lykabettos (links), 
Hymettos (mitte), Akropolis (rechts).


Meine Ankunft in Griechenland war wie immer sehr herzlich. Dieses Mal flogen wir den Flughafen über die Stadt Athen an. Ein sehr bewegender Moment, ein erstes berührendes Willkommen. Athina mou! Die kleine Akropolis in dem Häusermeer, Lykabettos, der Nationalgarten, Zappion, der Hafen von Piräus, der Hausberg Hymettos... ach! Nun gibt es Menschen die sagen, Athen sei eine furchtbare, stinkende Stadt. Dazu zitiere ich gerne und ohne weitere Ausführung von Anonymus: "Wer Athen nicht liebt, war niemals in Athen!" Und lade alle herzlich ein, einmal nach Athen zu kommen!



 Mitten in Athen: Fussgängerzone und Kaffees



Mitten in Athen: Strasse im Künstlerviertel Psirri.



 Naherholungsgebiet Hymettos: ideal für Tagesausflüge...


  
...zum Wandern... 



 ...zum Sein.



Nun bin ich wieder auf Syros, der heimlichen Insel und hüte Haus und Katzen von Freunden. 
Wie ich hörte, erfreut sich die Schweiz derzeit an herrlichstem Frühlingswetter. Ich mag es euch von Herzen gönnen - wirklich! Bei uns wirds dafür nach Ostern gleich Sommer, sagen sie. "Wir wechslen dann vom Wintermantel direkt ins Bikini!" sagte die Nachbarin. Tatsächlich frieren wir bis auf die Knochen. WIR, nicht ich allein. "the-real-feel-temperature" beträgt 3 Grad Celsius, dazu Windstärke 8 - ab neun fährt kein Schiff mehr. Immerhin scheint heute die Sonne - das Licht ist herrlichst wunderbar - das tiefe Blau des Meeres, mit dem satten Grün in der Natur - da nimmt man ein bisschen Wind in Kauf, oder? Gestern war Sturm bis 9 Beaufort und geregnet hats nur einmal. Aber wie! "In diesem Winter hats soviel geregnet, wie die letzten zwei Jahre zusammen nicht!" sagte meine Aikido-Lehrerin. Alle warten sie auf Wärme. Syros hatte heuer zwei mal richtig Schnee. Man stelle sich vor: solche Wetterverhältnisse legen das Leben lahm. Denn, wer hat schon Winterpneus? Ganz zu schweigen von den meist schlecht isolierten oder auch dichten, oder eben nicht dichten (Wasserschäden) Häusern. Eine diesen Winter neukreierte Redewendung fasst es zusammen: "Pass auf, wenn du die Sonne siehst wechselt das Wetter (zum schlechteren)!"
Gestern dankte ich es dem Himmel, dass ich nicht unmittelbar AM Meer wohne. Der Sturm, der über die Insel jagte war nämlich beeindruckend. Gut, dass auch eine Insel festen Grund und Boden hat, so dass sie nirgendwohin weggefegt werden kann!





 Palmsonntagskreuze


Wir sind in der Karwoche, und werden am Wochenende die Auferstehung Christi feiern. Griechenland bewegt sich, was Ostern betrifft, nach dem Julianischen Kalender. Die ganze Woche schon finden morgens und abends Gottesdienste statt, stundenlang. Vor allem in der Agios Nikolaos Kirche in Ermoupolis werden diese zum Highlight Byzantinischer Musik. Man muss es erlebt haben. Auch was sich neben den Ritualen im Kirchenraum alles abspielt. Eine Freundin beschrieb es so: "Es ist wie eine grosse Klassenzusammenkunft. Die Familie, die Freunde kommen von wo auch immer her auf die Insel, nach Hause, um gemeinsam Ostern zu feiern." Wiedersehensfreude in der Kirche, nach einem Jahr oder länger. Ein wesentliches Merkmal im orthodoxen Glauben ist auch, dass der Fokus auf der Auferstehung liegt, nicht so sehr auf dem Leiden, dem Sündigen. Das macht ein wesentlicher Unterschied. Und, zu Ostern gehen ALLE in die Kirche. Volle Räume, schon in der Karwoche. Eier werden auch bemalt - allerdings ausschliesslich rot. Solche mit Müsterli oder Zwiebelschalenbraun ect. kommen nicht so gut an. 





Fluch oder Segen? Für Schleckmäuler das Paradies auf Erden: 
die Zacharoplastio - der Zuckerladen.




Heute ist Karfreitag - am Abend gibts Prozessionen. Das symbolische Grab Jesu wird von den verschiedenen Kirchen auf den Platz vor dem Dimarchio, dem Rathaus getragen. Ein grosses Ereignis und auf Syros soll es besonders schön sein, sagen sie. Eine Besonderheit hier ist, dass die Insel zur Hälfte aus Katholiken besteht, und diese Ostern mit den Orthodoxen in gewisser Weise gemeinsam feiern. Sicher beide auf ihre Art. Aber im Verlauf der Jahrhunderte hat man sich doch etwas angenähert, kann man sagen.

"Kalo Pascha" folgt zur Zeit nach jedem "Auf Wiedersehen". Bald hört man: "Christos anesti!" "Alithos anesti!" - "Christus ist auferstanden!" "Wahrlich er ist auferstanden!"

FROHE OSTERN!


sämtliche inhalte dieses blogs unterliegen dem copyright. 
wenn nicht anders vermerkt: fotografien/texte © grüner atem / sandra dominika sutter