meine piepsende weihnachtskugel - fundstück
meine pläne waren, weihnachten und neujahr im st.georgskloster* 300 km nördlich von athen zu verbringen. ES wollte wieder mal anders, was mir diesmal einiges zu schaffen machte. ich hatte mich auf das kloster gefreut, auf die gottesdienste und vor allem auf die gerondissa und die schwestern. ES aber wollte die insel nicht verlassen und ich fragte mich schon, welche unsichtbare kraft mich hier behielt und was sie beabsichtigte... ich meine, wenn das so weiter geht, hat das tief greifende konsequenzen... also lieber nicht über den moment hinaus denken und sowieso am besten alle vorstellungen vom wind, der jetzt wieder heftig und winterfrisch weht, davon tragen lassen... (diese methode ist auch hilfreich, wenn man nicht in griechenland weilt) - also, ich blieb, wo ich war. und wenn schon nicht st.georg, dann agios ioannis in chora. von einem schönen mönch mit weissem langen bart und warm glänzenden augen erfuhr ich, dass der gottesdienst am heilig abend um ca. 21 uhr beginnt und bis 2 uhr dauert. das schien mir dem fest angemessen.
beim kirchengang in einem kloster ist für frauen der rock pflicht, auch wenn dieser meinem geschmack nach bei den jungen griechinnen manchmal etwas sehr kurz und modisch daher kommt. überhaupt, die kirchen in griechenland füllen sich im verlauf der liturgie bis ganz voll - und wenn man bei den langen gottesdiensten nicht immer nur beten möchte, kann man sich die neuste mode betrachten, die da steht, sitzt oder den verspielten kindern hinterher trippelt. es kann vorkommen, dass schon mal das eine oder andere mehr oder weniger laut geredet wird. auch galt mir schon mancher blick. ich küsse keine ikonen, das fällt auf. auf jeden fall geht es in den griechischen gottesdiensten oft lebhaft zu und her. aber auch wenn ich mich manchmal von der weltlichen geräuschkulisse gestört fühle, ist mir diese art sympathisch, weil so menschlich.
wieder dem gebet zugewandt ist der orthodoxe gottesdienst für mich ein besonderes erlebnis. als ich ihn das erste mal im st.georgskloster erlebte fühlte ich mich zurück versetzt in jesus zeiten. obwohl noch nie vorher gehört, kamen mir die gesänge der schwestern sehr vertraut vor. die liturgie wird gesungen und dauert meist zweieinhalb stunden oder länger. von anfang an mit dabei sind oft ein paar wenige ältere frauen - aber im verlauf der zeit - und bestimmt bis zum abendmahl gegen schluss, ist der gottesraum gefüllt. männer, frauen, kinder. ich liebe das stundenlange sitzen-stehen-sitzen in den oft dunklen räumen, das sein in der atmosphäre von herrlich duftendem räucherwerk, gesängen und gebeten. wenn ich anschliessend in den tag oder in die nacht hinaustrete, erlebe ich ein gefühl des neu-in-der-welt-stehens.
die kirche im johanneskloster in chora ist sehr alt, sehr dunkel, mit wunderbaren gemälden an wänden und decke. alleine darin sitzend ist eine tiefe stille wahrnehmbar - und das ticken einer alten standuhr. der warme etwas blecherne glockenschlag im sakralen raum mutet eigen an. griechisch eben.
zurück zu weihnachten: das christkind wollte unbedingt geboren werden - denn warum sonst hätte ich mich eine gute halbe stunde zu fuss bei eisigstem wind durch die nacht den berg hoch frieren sollen, wenn ich es auch gemütlich-wohlig-warm hätte haben können - parea, christbaum, wein und gutes essen... ein eindeutiger windstoss wehte mich durch das tor in den klosterhof. ich war pünktlich. grossväterchen sass in einem hell beleuchteten zimmer neben der kirche und lauschte religiösen gesängen. wann es beginnt? jetzt gleich. und schon ertönte das schlagen aufs holz, die einladung an die menschen in die arche noah, die kirche zu kommen. darauf folgte herrliches glockengeläut. ein älterer mönch mit einem lächeln auf dem gesicht kam schnellen schrittes über den hof. "chronia polla! kala ise - viele jahre wünsche ich dir! gehts dir gut?" "chronia polla! mia chara - eine freude!" und schon war er in der kirche verschwunden. in einer ecke brannten kerzen flackernd im wind. ich zündete auch welche an und verweilte, um den tanzenden flammen zuzusehen. grossväterchen, nun warm eingepackt, mit helm auf dem kopf und abfallsäcke dem ausgang zu tragend rief: "geh hinein damit du nicht frierst! frohe weihnachten und viele jahre wünsche ich dir!" "gleichfalls, gleichfalls! kala christujena, frohe weihnachten!"
es war schön. hinter den männerstimmen meinte ich derweil die hellen stimmen der nonnen vom st.georgskloster zu hören... es war kalt. um halb eins beschloss ich zu gehen und karins einladung nachzukommen, auch nach dem gottesdienst noch vorbei zu schauen. ein eindeutiger windstoss schob mich durch das tor hinaus in die kalte nacht. was für ein segen in eine warme stube willkommen geheissen zu werden. was für ein segen eine heisse tasse ochsenschwanz-suppe zu schlürfen und zu erleben, wie der körper wieder körper wird... weihnachten. es wurde getanzt, gesungen, gelacht, gegessen und eines ums andere mal das glas erhoben... chronia polla - mögen wir alle lange leben! es war wunderbar. nein, auf dem tisch wurde nicht getanzt und geschirr wurde auch nicht zerschlagen... jedenfalls nicht, so lange ich dort war.
anderntags überraschte mich pater ioakim in einer kleinen kapelle. ich sass und sinnierte, da kam er zur tür rein: "chronia polla, ti kanis? mögest du lange leben, wie geht es dir?" wir kamen ins gespräch. ob das seine kirche sei. "meine kirche... ja, ja, heute ist sie mir, morgen einem andern und übermorgen? was gehört uns schon - nichts! wir sind nicht für die ewigkeit hier, nicht wahr? jeden tag sollten wir bereit sein, unsere grosse reise anzutreten. beten und gott danken bringt uns gott nahe. eigene ideen bringen uns von gott weg. doxa to theo - dank sei gott!"
als sich mein blick später in das satte grün legte, in das blaue meer, den himmel, als ich da stand, auf der weichen, tragenden erde - da war das krähen eines hahns - dort das gebell eines hundes - hier der wind, der durchs geäst säuselte, die weihnachtsmusik vom hafen und eine kinderstimme zu mir hertrug: "thia, thia! tante, tante!" - war es plötzlich da, das christkind - still und voller frieden. weihnachten.
agios ioanniskloster in chora
die kirche im johanneskloster in chora ist sehr alt, sehr dunkel, mit wunderbaren gemälden an wänden und decke. alleine darin sitzend ist eine tiefe stille wahrnehmbar - und das ticken einer alten standuhr. der warme etwas blecherne glockenschlag im sakralen raum mutet eigen an. griechisch eben.
zurück zu weihnachten: das christkind wollte unbedingt geboren werden - denn warum sonst hätte ich mich eine gute halbe stunde zu fuss bei eisigstem wind durch die nacht den berg hoch frieren sollen, wenn ich es auch gemütlich-wohlig-warm hätte haben können - parea, christbaum, wein und gutes essen... ein eindeutiger windstoss wehte mich durch das tor in den klosterhof. ich war pünktlich. grossväterchen sass in einem hell beleuchteten zimmer neben der kirche und lauschte religiösen gesängen. wann es beginnt? jetzt gleich. und schon ertönte das schlagen aufs holz, die einladung an die menschen in die arche noah, die kirche zu kommen. darauf folgte herrliches glockengeläut. ein älterer mönch mit einem lächeln auf dem gesicht kam schnellen schrittes über den hof. "chronia polla! kala ise - viele jahre wünsche ich dir! gehts dir gut?" "chronia polla! mia chara - eine freude!" und schon war er in der kirche verschwunden. in einer ecke brannten kerzen flackernd im wind. ich zündete auch welche an und verweilte, um den tanzenden flammen zuzusehen. grossväterchen, nun warm eingepackt, mit helm auf dem kopf und abfallsäcke dem ausgang zu tragend rief: "geh hinein damit du nicht frierst! frohe weihnachten und viele jahre wünsche ich dir!" "gleichfalls, gleichfalls! kala christujena, frohe weihnachten!"
es war schön. hinter den männerstimmen meinte ich derweil die hellen stimmen der nonnen vom st.georgskloster zu hören... es war kalt. um halb eins beschloss ich zu gehen und karins einladung nachzukommen, auch nach dem gottesdienst noch vorbei zu schauen. ein eindeutiger windstoss schob mich durch das tor hinaus in die kalte nacht. was für ein segen in eine warme stube willkommen geheissen zu werden. was für ein segen eine heisse tasse ochsenschwanz-suppe zu schlürfen und zu erleben, wie der körper wieder körper wird... weihnachten. es wurde getanzt, gesungen, gelacht, gegessen und eines ums andere mal das glas erhoben... chronia polla - mögen wir alle lange leben! es war wunderbar. nein, auf dem tisch wurde nicht getanzt und geschirr wurde auch nicht zerschlagen... jedenfalls nicht, so lange ich dort war.
karins baum
zimmeraussicht: blink-blink und meersicht
anderntags überraschte mich pater ioakim in einer kleinen kapelle. ich sass und sinnierte, da kam er zur tür rein: "chronia polla, ti kanis? mögest du lange leben, wie geht es dir?" wir kamen ins gespräch. ob das seine kirche sei. "meine kirche... ja, ja, heute ist sie mir, morgen einem andern und übermorgen? was gehört uns schon - nichts! wir sind nicht für die ewigkeit hier, nicht wahr? jeden tag sollten wir bereit sein, unsere grosse reise anzutreten. beten und gott danken bringt uns gott nahe. eigene ideen bringen uns von gott weg. doxa to theo - dank sei gott!"
als sich mein blick später in das satte grün legte, in das blaue meer, den himmel, als ich da stand, auf der weichen, tragenden erde - da war das krähen eines hahns - dort das gebell eines hundes - hier der wind, der durchs geäst säuselte, die weihnachtsmusik vom hafen und eine kinderstimme zu mir hertrug: "thia, thia! tante, tante!" - war es plötzlich da, das christkind - still und voller frieden. weihnachten.
christkind
*ich war im märz 2011 drei wochen im st.georgskloster - buchempfehlung: ilka piepgras - meine freundin die nonne
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deine piepsende weihnachtskugel ist sehr hübsch !
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